Prüfungen in Zeiten von Corona

  • 30.07.20 15:15
  • Vera Huber
  •   Salzgitter Suderburg Wolfenbüttel / Am Exer Wolfenbüttel Wolfsburg

Mund-Nasen-Bedeckung, Mindestabstände und eine Lehre, die größtenteils in Online-Formaten durchgeführt wird – an der Ostfalia Hochschule hat sich in den letzten Monaten eine neue Realität entwickelt. Zu dieser neuen Realität gehören für Lehrende und Studierende neben der Umstellung auf die Online-Lehre auch eine veränderte Prüfungsorganisation, denn auch in Zeiten der Corona-Pandemie endete dieses (etwas andere) Sommersemester mit einer Prüfungsphase. So mussten im Bereich der Prüfung schnell Antworten auf zentrale Fragen gefunden werden: Welche Prüfungsräume stehen für Klausuren zur Verfügung, um die Abstands- und Hygieneregeln einhalten zu können? Welche alternativen Prüfungsformate sind denkbar? Und wie können Lehrende möglichen Unsicherheiten ihrer Studierenden entgegenwirken? Einige Lehrende berichten, wie sie diese Prüfungsphase unter veränderten Bedingungen erlebt haben:

„Insgesamt ist es aus der Sicht aller Beteiligten sehr gut gelaufen“, schildert Dr. Jörg Hagenah, Lehrkraft für besondere Aufgaben an der Fakultät Verkehr-Sport-Tourismus-Medien in Salzgitter. „Alle angesetzten Prüfungen konnten durchgeführt werden, wenn auch unter ganz anderen Bedingungen und mit anderen Formaten. Es ist schon ungewöhnlich, wenn Klausuren in der Mensa geschrieben werden und große Hörsäle mit nur wenigen Studierenden besetzt werden können.“ Diese Erfahrungen kann auch Prof. Dr. Jürgen Kuck von der Fakultät Versorgungstechnik bestätigen: „Die letzte Prüfungsphase ist aus meiner Sicht grundsätzlich glatt und störungsfrei verlaufen.“ Gleichzeitig sei es wichtig gewesen, die Studierenden frühzeitig über das neue Vorgehen zu informieren: „Die Studierenden haben von uns genaue Informationen zum Ablauf der Prüfungen erhalten. Im Fall von Klausuren ging es dabei beispielsweise um Faktoren wie die Organisation der Sitzplatzzuordnung, die Identitätsprüfung vor Ort oder die Lüftungsvorgaben im Prüfungsraum.“

Zwischen alternativen Prüfungsformaten und virtuellem Feedback

Neben Klausuren unter strengen Abstands- und Hygienerichtlinien wurden auch zahlreiche alternative Prüfungsformate angeboten. „Anders als an den Universitäten haben wir ja noch mit der Präsenzlehre beginnen können und mussten – in relativ kurzer Zeit – nicht nur unser Lehrprogramm umstellen, sondern auch über veränderte Prüfungsformate nachdenken. Das hat dazu geführt, dass ich alle aktuellen Prüfungen, die größtenteils in Form von Klausuren durchgeführt werden sollten, in Hausarbeiten umgewandelt habe“, beschreibt Hagenah. „Dies hat für die Studierenden sicherlich einen großen praktischen Nutzen, hat für mich aber den Betreuungs- und Bewertungsaufwand enorm vergrößert.“ Diesen höheren Betreuungsaufwand sieht auch Diplom-Sozialpädagogin Karin Jakobides von der Fakultät Handel und Soziale Arbeit in Suderburg. Aus ihrer Sicht sei die Prüfungsphase zwar besser gelaufen als zunächst erwartet, gleichzeitig benötigen insbesondere Hausarbeiten in der aktuellen Situation eine engmaschige Betreuung: „Ich habe die Prüfungsaufgaben schriftlich über Stud.IP und zum Teil per Videobotschaft kommentiert. Anschließend habe ich zu einer Fragerunde in Form einer Videokonferenz eingeladen, sodass Unklarheiten noch ausgeräumt werden konnten. Insofern gab es kaum noch individuelle Rückfragen.“ Diese Unterstützungsangebote und die Möglichkeit der individuellen Rückfrage seien in der aktuellen Situation insbesondere von vielen Erstsemesterstudierenden angenommen worden. „Für viele Studierende handelte es sich um die erste Prüfungsphase an der Ostfalia. Durch ein virtuelles Feedback zu den Prüfungsaufgaben und weiterführende Erklärungen konnte ich vielen Studierenden die anfängliche Unsicherheit nehmen“, so Jakobides.

Auch wenn sich die Lehrenden bemüht haben, den Studierenden im vergangenen Sommersemester Unsicherheiten in Bezug auf die Online-Lehre zu nehmen, so stellt sich dennoch die Frage, ob sich viele Studierende von ihren Prüfungen abgemeldet beziehungsweise weniger Studierende diese abgelegt haben. Prof. Dr. Jürgen Kuck konnte in seinen Lehrveranstaltungen einen gewissen Rückgang verzeichnen. „Nach meinem Eindruck lag das Prüfungsaufkommen etwa ein Drittel niedriger als sonst“, so Kuck. Die Gründe dafür können vielfältig sein, aber Kuck vermutet einen Zusammenhang mit der besonderen Situation. Möglicherweise fehle den Studierenden der persönliche Kontakt in der Hochschule, sowohl zu Lehrenden als auch zu anderen Studierenden. Neben dem Wechsel von der Präsenz- zur Online-Lehre konnten sich im vergangenen Semester möglicherweise weniger Studierende in Lern- und Arbeitsgruppen zusammenschließen, vermutet er. Ein gegenteiliges Bild beschreibt Dr. Jörg Hagenah: „Bei meinen Prüfungen war die Teilnehmerquote deutlich höher als in den letzten Semestern“. Laut Hagenah könnte dieses erhöhte Prüfungsaufkommen damit zusammenhängen, dass seine Klausuren größtenteils in Hausarbeiten umgewandelt wurden. „Ich könnte mir vorstellen, dass viele meiner Studierenden die Hausarbeit als Prüfungsformat bevorzugen. Teilweise waren diese Arbeiten auch als Gruppenarbeit angelegt. Dies könnte eine zusätzliche Motivation bei den Studierenden erzeugt haben“, vermutet Hagenah. Prof. Dr. Robin Vanhaelst von der Fakultät Fahrzeugtechnik konnte hingegen keinen Unterschied zu vorherigen Prüfungsphasen feststellen: „Es haben sich nur wenige Studierende von der Prüfung abgemeldet, vergleichbar mit den vorherigen Semestern.“

Was nehmen die Lehrenden für das kommende Wintersemester mit?

Es liegt ein Semester mit vielen Herausforderungen und Neuerungen hinter der Ostfalia Hochschule. Auch das kommende Wintersemester wird vorwiegend in Online-Formaten stattfinden. Was nehmen die Lehrenden aus diesem Semester mit? Und gibt es Aspekte, die sie verändern würden? „Ich war völlig unbedarft, was Online-Lehre betrifft und musste mich da erst einmal einarbeiten. Ich hatte Videobotschaften als ‚Konserve‘ produziert, die die Studierenden nach der jeweiligen Fertigstellung informierten und es ihnen selbst überließen, wann sie sich das anschauen wollten“, schildert Katrin Jakobides mit Blick auf das vergangene Semester. „Im nächsten Semester will ich zu den im Stundenplan festgelegten Zeiten meine Veranstaltungen per Videokonferenz abhalten, um gleich auf Fragen eingehen und in eingerichteten ‚Gruppenräumen‘ auch Kleingruppenarbeit einflechten zu können.“ Prof. Dr. Jürgen Kuck wünscht sich mit Blick auf das Wintersemester, dass bestimmte Lehrveranstaltung und Seminare wieder in Präsenz- beziehungsweise Hybrid-Formaten angeboten werden können. Insbesondere für Erstsemester-Studierende sei es wichtig, die Dozent/innen auch persönlich zu erleben und „face-to-face“ kennenzulernen. Auch für das Bilden von Arbeitsgruppen hilft es Studierenden, in gewissem Umfang in der Hochschule zu sein. So könne ein direktes Feedback, wenn dies möglich ist, Unterstützung bei der eigenen Studienorganisation bieten.

Text: Jana Schöppler

 

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