Die Dynamik im Einzelhandel

  • 06.11.20 13:57
  • Vera Huber

Über die „Folgen der Dynamik im Einzelhandel für die Beschäftigung“ sprach Prof. Dr. Christian Rafflenbeul-Schaub von der Fakultät Handel und Soziale Arbeit kürzlich auf dem 43. Wissenschaftlichen Symposium der Gesellschaft für Unternehmensgeschichte. Die Veranstaltung im Hause der Draiflessen Collection gGmbH in Mettingen stand unter der Leitfrage „Verdammt zu Größe und Wachstum? Strukturwandel im Einzelhandel seit den 1950er Jahren“.

Bereits im vergangenen Jahr veröffentlichte Prof. Dr. Rafflenbeul-Schaub gemeinsam mit seinem Doktorvater Prof. Dr. Lothar Müller-Hagedorn eine Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (4. November 2019) sowie ein Working Paper in der Online-Schriftenreihe der Fakultät Handel und Soziale Arbeit zum Vortragsthema. Darin gehen die Autoren der Frage nach, ob die These stimmt, dass mit dem Vordringen von preisaggressiven und wenig personalintensiven Betriebsformen, wie z.B. Discounter, Verbrauchermärkte, SB-Warenhäuser, Fachmärkte oder Shopping-Center, ein Abbau von Arbeitsplätzen einherging. Die beiden Handelsexperten kommen zu dem Ergebnis, dass der bisherige Wandel im Einzelhandel unterm Strich mehr Arbeitsplätze geschaffen als vernichtet hat.

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Prof. Dr. Christian Rafflenbeul-Schaub lehrt Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Unternehmenssteuerung in Handel und Logistik an der Ostfalia Hochschule in Suderburg.
Foto: Ostfalia

Aufbauend auf diesen Erkenntnissen referierte Rafflenbeul-Schaub nun auf dem Symposium und warf dabei einen genaueren Blick auf die Veränderungen von 1960 bis 2017. Er konnte zeigen, dass die Beschäftigung mit Ausnahme eine kurze Phase von 1995 bis 2004 stetig gestiegen ist. „Aber wie kommt es dann, dass sich alle Warnungen vor Arbeitsplatzverlusten als falsch erwiesen haben, wenn Shopping-Centern unterstellt wurde, dass sie Arbeitsplätze im Verhältnis eins zu drei vernichten oder wenn behauptet wurde, dass ein Arbeitsplatz im Discounter zehn andere Arbeitsplätze zerstöre?“ stellte Prof. Dr. Christian Rafflenbeul-Schaub die Frage in den Raum.

Symposium SUD web

Symposium mit Abstand: Auf Grund der aktuellen Corona-Lage fand das Unternehmenssymposium sowohl vor Ort als auch Online statt.
Foto: Kai Balazs-Bartesch / GUG

Um eine entsprechende Antwort zu geben, zeigte Rafflenbeul-Schaub mithilfe eines Strukturdiagrammes auf, dass die tendenziell beschäftigungsmindernde Wirkung der neuen Betriebsformen und weiterer beschäftigungsmindernde Faktoren, wie z.B. die Konzentration, die Übertragung von Prozessen auf Lieferanten, Kunden und Systemzentralen oder der Einsatz neuer Technologien, von anderen Faktoren überkompensiert wurde. Insbesondere die gestiegene Kaufkraft der Verbraucher sowie deren Ansprüche in Bezug auf die Einkaufsbequemlichkeit (ein dichteres Verkaufsstellennetz und längere Öffnungszeiten), das Aufkommen neuer Sortimente (z.B. Unterhaltungselektronik, Bioprodukte) sowie die zunehmende Artikel- und Variantenvielfalt haben dazu geführt, dass die Beschäftigung im Einzelhandel bisher nicht gesunken ist. Rafflenbeul-Schaub nimmt an, dass diese Faktoren auch zukünftig einem Beschäftigungsabbau durch die Expansion des Online-Handels, der im Vergleich zum stationären Handel im Durchschnitt noch weniger personalintensiv ist, entgegenwirken könnten. „Ob Marktanteilsgewinne des Online-Handels zu einem nachhaltigen Beschäftigungsabbau führen werden, wird jedoch entscheidend davon abhängen, ob es gelingt, personalintensive Prozesse des Online-Handels, wie das Kommissionieren und Verpacken, zu automatisieren“, so Rafflenbeul-Schaub.

Einen umfangreichen Blick auf die Untersuchungen von Prof. Dr. Christian Rafflenbeul-Schaub und Prof. Dr. Lothar Müller-Hagendorn zur bisherigen Entwicklung gibt es hier.

Text: Katja Lüdemann


 

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