"In der Digitalisierung leisten wir Pionierarbeit"

  • 22.10.18 09:00

Martin Strube ist Spezialist für das Industrial Internet of Things und die intelligente Vernetzung von Sensoren, Geräten, Maschinen; die Expertise von Mathematiker Frank Klawonn sind Statistik und maschinelles Lernen. Im Forschungsfeld Digitalisierung und Industrie 4.0 der Ostfalia erfüllen die beiden Professoren eine wichtige Rolle. Im Interview erklären sie, warum die Industrie von der Zusammenarbeit mit ihnen profitiert und wie sie auch der Medizin zur Seite stehen. Und sie sprechen darüber, was die Digitalisierung für die Forschung so faszinierend macht.

Digitalisierung und Industrie 4.0 - Prof. Klawonn und Prof. Strube

Prof. Klawonn und Prof. Strube im Interview über das Forschungsfeld

 


Herr Professor Strube, Herr Professor Klawonn, warum ist es wichtig, dass Sie Unternehmen bei Digitalisierung und Industrie 4.0 unterstützen?

Martin Strube: Digitalisierung ist kein Produkt, das Unternehmen im Geschäft kaufen können. Genauso wenig gibt es ein Handbuch, das Unternehmer zu Rate ziehen können, um Industrie 4.0 in ihrer Produktion zu etablieren. In den Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus gibt es unzählige verschiedene Kombinationen aus Maschinen, IT-Systemen und Softwarelösungen. Das macht es so schwierig, von der Anlieferung der Vormaterialien bis zur Auslieferung des fertigen Produkts die Prozesskette durchgängig digital abzubilden – und das ist ja das Ziel der Digitalisierung. Im Prinzip braucht jedes Unternehmen eine eigene Industrie 4.0-Lösung.

Frank Klawonn: Dazu kommt der Faktor Mensch. Jeder Mitarbeiter hat eine eigene Art und Weise, Daten zu verarbeiten. Diese Daten von verschiedenen Arbeitsplätzen und aus unterschiedlichen Fachbereichen zusammenzuführen, setzt viel Detailarbeit, Energie und Fachwissen voraus. Die Digitalisierung der Produktion bedeutet einen großen Aufwand und funktioniert nur, wenn Unternehmen wirklich den festen Willen haben, Daten zu gewinnen, zu integrieren und auszuwerten.

Martin Strube: An dieser Stelle zitiere ich gerne meinen Kollegen Professor Diederich Wermser, der sagt: Digitalisierung ist zunächst eine andere Art zu denken und erst dann der Einsatz neuer Technologien. Wenn wir das Unternehmen durchgehend vernetzen wollen, dann muss es in jeder Abteilung das Verständnis für die Ziele von Industrie 4.0 geben und auch für den Weg, wie das Unternehmen die Digitalisierung umsetzen will.

 


Was können Sie und Ihre Kollegen in Ihrem Forschungsfeld leisten?

Martin Strube: Mit Machbarkeitsstudien können wir Industriepartnern darlegen, welchen Mehrwert ihnen neue Technologien wie zum Beispiel cyber-physische Systeme bieten. Ein einfaches Beispiel: Wenn eine Produktionsanlage ungeplant stillsteht, kann das hohe Kosten verursachen. Besser ist, ihre Daten intelligent auszuwerten, um vorab Informationen zum Verschleiß von Maschinen zu erhalten und einen drohenden Produktionsausfall abzuwenden. Wir zeigen Unternehmen, welche Schritte sie gehen müssen, um diesen Entwicklungsstand zu erreichen.

Frank Klawonn: Wir können Unternehmen helfen, ihre Daten zu erfassen, darin Muster zu erkennen und Vorhersagen zur Produktion zu machen. Das geht – wie in diesem Fall bei der vorausschauenden Wartung – im industriellen Umfeld und auch in vielen weiteren Bereichen.

 


In welchen weiteren Bereichen kommt die Digitalisierung zum Einsatz?

Frank Klawonn: Zum Beispiel in der Medizin: Ich nutze Daten, damit seltene Erkrankungen früher diagnostiziert werden können. Wir ermöglichen Menschen so die schnellere Therapie und ersparen ihnen eine womöglich jahrelange Odyssee zu den Ärzten.

 


Worauf stützt sich Ihre Forschungsarbeit?

Frank Klawonn: Darauf, dass Daten heutzutage fast überall in digitaler Form vorliegen. Aus ihnen können wir nützliche Informationen ziehen – mit mathematischen, sehr rechenaufwändigen Verfahren, bei denen uns Technologien unterstützen. In der Regel ist es so, dass aus der Zusammenarbeit mit uns immer neue Erkenntnisse erwachsen, die für die Unternehmen wichtig sind.

 


Warum ist Ihr Forschungsfeld gut aufgestellt?

Martin Strube: Wir sind in der glücklichen Lage, dass die Professorinnen und Professoren und deren Teams viel Praxiserfahrung haben und jeder sich auf ein Glied der Prozesskette spezialisiert hat. So ist es uns möglich, den Gesamtprozess in einem Unternehmen zu analysieren.

Frank Klawonn: Automatisierung, Funktechnologie, Datenanalyse: Diese Kompetenzen könnte nicht einmal ein Universalgenie auf sich vereinen, dafür braucht es mehrere Fachleute. Die Zusammenarbeit zwischen uns allen funktioniert wunderbar.

 


Wo ist die Zusammenarbeit zwischen Ihnen besonders wichtig?

Frank Klawonn: Beim Datenschutz. Wie kommen die Daten von Absender sicher zum Adressaten? Auf welche Art und Weise gewährleisten wir den Schutz des Patienten, über den die Daten Informationen preisgeben? Im medizinischen Bereich sind das wichtige Fragestellungen. Datenschutz und Datensicherheit ist die Expertise meiner Kollegin Professor Ina Schiering: Sie sorgt dafür, dass wir auf der sicheren Seite sind.

 


Warum sind Digitalisierung und Industrie 4.0 ein ideales Tätigkeitsfeld für Industrie und Forschung?

Martin Strube: Rechentechnik, Sensorik und Übertragungstechnik bilden eine faszinierende Kombination, die nicht nur sehr leistungsfähig ist, sondern auch relativ günstig. Die Investitionen sind vergleichsweise gering und die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass Unternehmen recht schnell einen Mehrwert erzielen. In der Digitalisierung leisten wir in vielen Fällen Pionierarbeit, weil die Technologien sehr neu sind. Das macht Spaß – nicht nur auf Industrie-, sondern auch auf Forschungsseite.

 

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