Bis Mai 2023 war Gert Bikker Vizepräsident für Forschung, Entwicklung und Technologietransfer
der Ostfalia. Nach fast zehn Jahren im Amt nahm er sich nun eine Auszeit und ist aktuell mit dem
Fahrrad unterwegs von Braunschweig bis ins norwegische Trondheim und wieder zurück, bevor er im
Herbst als Forscher an die Ostfalia zurückkehrt. Nach 1500 km „Bikepacking“ durch Norwegen
erreichte Gert Bikker vor kurzem den nördlichsten Punkt seiner Reise: Trondheim. Dort besuchte er
das International House der Norwegian University of Science and Technology zu einem Gespräch über
Studierende, Wissenstransfer und Forschung. Nachhaltiger kann die Anreise zu einem Treffen mit
internationalen Partnern wohl kaum werden. Was er sonst noch auf seiner „Bikepacking“-Reise bisher
erlebt hat, lesen Sie in seinem persönlichen Reisebericht:
„Von Braunschweig nach Trondheim … mit dem Fahrrad?!“
Dass ich meine Wege gerne mit dem Fahrrad mache, hat sich rumgesprochen. Die letzten Jahre habe ich das „Bikepacking“, das Radreisen mit einem Langstrecken Rennrad und dem Nötigsten, möglichst minimierten Gepäck, für mich als Ausgleich wiederentdeckt. Norwegen wollte ich schon lange bereisen und hatte es im Gegensatz zu den anderen skandinavischen Ländern noch nicht kennengelernt. Somit lag es nahe, es diesen Sommer nach meiner ausgelaufenen Amtszeit als Vizepräsident umzusetzen.
Drei Tage bin ich mit bepacktem Fahrrad, Zelt, Isomatte und Kocher von Braunschweig entlang der Flüsse Oker, Aller, Weser und Hunte in meine Heimat Ostfriesland geradelt. Die Strecke bin ich schon häufiger gefahren und habe das als Einstimmung genutzt, um mein Norwegen-Setup und mich zu testen.
Einige Tage später habe ich die neue Nachtfähre von Emden nach Kristiansand über die Nordsee genommen. Anfänglich noch kühl bin ich zunehmend in schönes Sommerwetter hineingekommen und mich hat die wunderbare norwegische Landschaft vom ersten Moment an beeindruckt. Wenn man mit dem Rad und Zelt reist, erlebt man das glaube ich noch intensiver. An der Westküste ist es wie im Bilderbuch. Man fährt entlang der Küste an den Flanken der Berge, passiert Berge und Hochebenen und erlebt die Auswirkungen der letzten Eiszeit. Es geht immer wieder auf und ab in die blauen Fjorde und am Wegesrand gibt es viel zu entdecken.
Nach etwa 1.500 km in Norwegen und etwa 18.000 Höhenmetern habe ich als nördlichsten Punkt meiner Reise Trondheim erreicht. Meine Route ist der Eurovelo 1 Radroute gefolgt und lief grob von Kristiansand, Stavanger, Bergen, Ålesund, Kristiansund und dann nach Trondheim. Die Höhenmeter auf der Strecke sind eine Herausforderung, da auf 100 km grob 1000 Höhenmeter kommen. Die häufige Frage, die ich auf dem Weg bekomme, ob ich denn ein e-Bike fahre, verneine ich regelmäßig. Ich bin mit eigener Kraft unterwegs und entsprechend muss ich auf regelmäßige Kalorienzufuhr achten.
Auf meine Bitte hat unser International Relation Office für mich einen Termin an der mit uns als Ostfalia kooperierenden Hochschule Norwegian University of Science and Technology (NTNU) angefragt. Obgleich Herr Laschet, der an der NTNU den International Student Service leitet, mit EU-Berichten ordentlich beschäftigt war, hat er sich spontan Zeit genommen: „Für Fahrradfahrer machen wir gerne eine Ausnahme und zu einem Gespräch im Internationalen Haus der NTNU müsste sich Zeit finden lassen …“
Die beeindruckenden Gebäude der NTNU waren mir neben dem markanten Dom schon bei meiner ersten Einfahrt in die Stadt aufgefallen. So berichtet Herr Laschet im Gespräch auch über die Sichtachse vom Dom, dem geistlichen Zentrum der Stadt und wie Anfang des letzten Jahrhunderts das technisch-wissenschaftliche Zentrum entstanden ist. Das sieht man dem Hauptgebäude auch an und es wirkt sehr imposant, wenn man die Anhöhe dahin hochläuft. Wir haben uns im Gespräch über Studierende in Trondheim, in der Stadt, aber auch über Forschung und Wissenstransfer ausgetauscht. Da schon Semesterferien sind, waren vor allem die Gaststudierenden noch auf dem Campus, der in der Stadt verteilt ist. Mit etwa 10 Prozent von 30.000 Studierenden in Trondheim ist dieser durchaus beachtlich. Die Stadt habe ich bei schönem Sommerwetter erlebt und sie ist in der Vielfältigkeit aus Geschichte und Geographie wunderbar. Klasse, dass es für Studierende einiger unserer Fakultäten die Möglichkeit gibt dort ein Semester zu absolvieren.
Ich bin dieses Mal übrigens alleine unterwegs, aber irgendwie doch nicht. Ab und an habe ich ein Airbnb und Hostel genutzt. Da kommt man schnell mit den Norwegern, aber auch anderen Reisenden ins Gespräch. Interessant waren auch die unterschiedlichen Gespräche zum Land und dessen wirtschaftlicher Entwicklung. Einige Tagesetappen habe ich auch mit anderen Radfahrern zurückgelegt, die ich auf dem Zeltplatz oder der Fähre getroffen habe. Es gibt noch mehr, die der Eurovelo 1 mit wenig oder mehr Gepäck folgen. Einige haben als Ziel sogar das Nordkap. So ein bepacktes Reise-Fahrrad ist auch ein guter Anlass, um ins Gespräch zu kommen. Ich werde häufig angesprochen und bekomme auch Tipps für die Regionen und Wege. „Wo kommst du her, wo willst du hin, was fährst du am Tag?“ sind wohl die häufigsten Fragen aus denen ein längeres Gespräch entsteht.
Trondheim ist in diesem Jahr der nördlichste Punkt meiner Radreise. Ab jetzt geht es wieder nach Süden in die Heimat. Danke an alle, die diese Reise ermöglichen. An meine Familie die dafür den Raum und Unterstützung gibt und MitarbeiterInnen und KollegInnen, die mich während meiner Abwesenheit im Urlaub vertreten.
Text und Fotos: Gert Bikker