„Auch in ungewöhnlicher Zeit geht der Humor nicht verloren“
Mucksmäuschen still ist es am Montag, den 5. Oktober 2020, im Hörsaal. Wobei der Raum eigentlich kein richtiger Hörsaal ist, sondern zum Tagungsraum des Restaurants und Hotels Luthers Carpe Diem in Suderburg gehört. Um den Erstsemesterstudierenden der Fakultät Handel und Soziale Arbeit an der Ostfalia Hochschule in Zeiten von Corona eine erste Anlaufstelle geben zu können, wurde der Saal umfunktioniert. An Einzeltischen mit genügend Abstand können die 32 jungen Frauen und Männer an der ersten Präsenzveranstaltung des aktuellen teilnehmen. Aufmerksam wird den Ausführungen von Hartmut Sroka, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fakultät, gefolgt, der über die aktuellen Hygienemaßnahmen und Raumkonzepte informiert. So können, sobald die Studierenden an ihren Plätzen angekommen sind, die Mund-Nasen-Masken absetzen.
Ganz anders sieht es bei der ersten Vorlesung im Bereich Soziale Arbeit aus. Über den Computerbildschirm schalten sich Detlef Gaus, Professur für Bildungs- und kulturwissenschaftliche Theorien, sowie Henning van den Brink, Verwaltungsprofessur für Bildungssoziologie, in die Küchen und Wohnzimmer ihrer Studierenden. Per Videokonferenz werden rund 110 Erstsemesterstudentinnen und -studenten begrüßt und auf die Herausforderungen und Umstände vorbereitet, die das Studium derzeit mit sich bringt. Aus allen Ecken, von Hamburg bis Bielefeld, vernetzen sich so die Studierenden mit ihren Dozenten.
Bereits Anfang des Jahres wurden die Veranstaltungen an der Universität durch die weltweite Pandemie umkonzipiert. Was auch hervorragend gelang. Denn dadurch, dass die Ostfalia am Campus Suderburg mit dem Online-Studiengang Betriebswirtschaftslehre schon sehr gut aufgestellt ist, konnten die Vorlesungen und Seminare kurzerhand in das World Wide Web verlegt werden. Für das nun laufende Wintersemester wurde eine Kombination aus Online- und Präsenzveranstaltungen geschaffen, in welchen die Inhalte der Studiengänge vermittelt werden. Dabei gelten auf dem gesamten Uni-Campus entsprechende Hygienemaßnahmen. Neben genügend Abstand und gegenseitiger Rücksichtnahme gehört auch das Tragen der Mund-Nasen-Masken dazu. Studentin Anastasija Ertli findet für die Mund-Nasen-Bedeckung neben dem Eindämmen der Aerosole sogar noch weitere Vorteile: „Dadurch, dass viel gelüftet werden muss, ist es mit der Maske nicht so kalt im Gesicht“, merkt sie an und lacht. Die 22-Jährige sieht auch weitere positive Effekte in der aktuellen Situation. „Ich wohne derzeit noch in Hamburg und dadurch, dass nun viel online abläuft, entfallen die Fahrtzeiten. Da bleibt mir viel mehr Zeit für das Studium.“
Nichts desto trotz nutzt sie die ersten Tage, um mit ihren Kommilitonen in Kontakt zu kommen, neue Freundschaften aufzubauen. Fleißig werden Handynummern ausgetauscht und Whats-App-Gruppen eingerichtet. „Für viele Studierende, aber auch Lehrende, ist es eine Umstellung. Dass der direkte Kontakt über so lange Zeit wegfällt, das ist schon nicht ganz einfach“, weiß Hartmut Sroka. „Aber wir haben andere Kommunikationswege gefunden: Videotelefonie oder E-Mail statt der persönlichen Sprechstunde.“ Auch für Jonathan Krogemann ist der Wegfall der persönlichen Kontakte der größte Unterschied, denn als Studiengangwechsler hat er den Normalzustand der Hochschule vor zwei Semestern bereits kennen und schätzen gelernt. „Mir fällt die Umstellung auf Online leider etwas schwerer, mir fehlt die Struktur, der Tagesablauf. Wenn man zu Hause sitzt, kann es leider schon vorkommen, dass man sich leichter ablenken lässt oder doch einmal den Professoren und Professorinnen vom Bett aus lauscht“, fasst der 19-Jährige schmunzelnd zusammen, der für sein Studium extra nach Suderburg gezogen ist.
„Die Situation ist schon anders. Es ist ruhiger. Vorher haben die Studentinnen und Studenten, auch in den ersten Vorlesungen, miteinander getuschelt, mal gelacht. Derzeit bekommt man den Eindruck, dass sie sich noch nicht so ganz trauen“, beobachtet Hartmut Sroka. Und während seine Studierenden im umfunktionierten Hörsaal die erste Veranstaltung „Self- und Zeitmanagement“ belegen, geht es in der Online-Vorlesung der Professoren Gaus und Van den Brink sehr lebhaft zu. Über einen gemeinsamen Chat haben die Studierenden während der Vorlesung die Möglichkeit, Fragen zu stellen oder sich untereinander auszutauschen. Als Gaus dann auch die Funktionen der Videokonferenz freischaltet und 109 Studentinnen und Studenten sich urplötzlich auf den Folien der Veranstaltung austoben können, wird es kunterbunt auf den Bildschirmen. Da wird gemalt, geschrieben und sogar Käsekästchen gespielt. Und so geht in dieser ungewöhnlichen Zeit der Humor nicht verloren.
Screenshot der Online-Vorlesung an der Fakultät Soziale Arbeit.