Erlebnispädagogische Angebote sind besonders in der Kinder- und Jugendarbeit beliebt und verbreitet. Outdoor-Trainings als Teilbereich der Erlebnispädagogik zeichnen sich dadurch aus, dass Aktionen in der Natur gemeinsam vorbereitet, durchgeführt und reflektiert werden. Genau das konnten Studierende des Studiengangs Soziale Arbeit am Campus Suderburg der Ostfalia in diesem Semester bei einer Campustour vom 12. bis zum 14. Mai selbst ausprobieren und am eigenen Leib erfahren.
In einem Seminar im Wahlpflichtbereich bestand die Aufgabe für die Studierenden darin, im Rahmen einer dreitägigen Exkursion alle Standorte der Ostfalia Hochschule mit dem Fahrrad zu erreichen. Außerdem sollten sie in kleinen Teams eigene erlebnispädagogische Maßnahmen mit allen Exkursionsteilnehmenden anleiten. Die didaktische Konzipierung und praktische Vorbereitung der Tour inklusive Routenplanung und Übernachtung erfolgte gemeinsam im Seminar.
Auch in hochschuldidaktischer Sicht beschritt das Seminar neue Wege. Mit Jochen Hotstegs, seit einigen Semestern Lehrbeauftragter am Campus Suderburg und hauptberuflich als Erlebnispädagoge und -therapeut am Niederrhein tätig, war zusätzlich zum hauptamtlichen Hochschuldozenten Henning van den Brink eine weitere Lehrperson an der Seminarkonzeption und -umsetzung beteiligt. Tandem-Teaching ist die Bezeichnung für diese Art der Lehre, die neben diesem Seminar in der gleichen personellen Konstellation zusätzlich in einem anderen Seminar des Studiengangs aktuell erprobt wird.
Zur Vorbereitung der Tour gehörte auch der Besuch der Fahrradwerkstatt des Allgemeinen Studierenden Ausschusses (AStA) am Campus Suderburg, um den eigenen Drahtesel für die insgesamt rund 160 Kilometer lange Strecke flott zu machen. Trotzdem verlief die Tour nicht ohne technische Pannen. Gleich am ersten Tag riss eine Kette. Kurz nachdem die Kette repariert war, verabschiedete sich an einem anderen Fahrrad die Schaltvorrichtung. Kurzerhand wurde das gesamte hintere Schaltwerk abgebaut und die Kette entsprechend gekürzt. Von nun an ging es für den Studenten in nur einem Gang weiter.
Startpunkt der Tour war der Bahnhof Salzgitter-Bad. Doch schon auf dem Weg dorthin musste die erste Hürde genommen werden: Im Braunschweiger Hauptbahnhof kamen neun Studierende erst fünf Minuten vor Abfahrt des Zuges nach Salzgitter-Bad an. Und nachdem die schwer bepackten Räder von Gleis 1 Treppe runter- und auf Gleis 4a wieder Treppe hochgewuchtet wurden, stand schon die erste Kooperationsübung an, die erfolgreich bewältigt wurde – Fahrrad-Tetris: Insgesamt 13 Fahrräder und ein Anhänger wurden auf sechs Fahrradstellplätzen untergebracht.
12.5. am Campus Salzgitter: Die Studierenden der Fakultät Handel und Soziale Arbeit vom Campus Suderburg stellen sich zum ersten Gruppenfoto auf.
Oben am Campus Salzgitter angekommen, war die Gruppe dann komplett und die erste warme Mahlzweit des Tages wartete in der Mensa auf das Peloton der „Tour de Ostfalia“. Gestärkt setzte sich der nun insgesamt 17-köpfige Tross in Bewegung. Der Weg zum Campus Wolfenbüttel verlief ohne weitere Zwischenfälle. Auf dem Hochschulgelände Am Exer fand dann die erste erlebnispädagogische Aktion statt: Im Niedrigseilgarten sollten die Teilnehmenden lernen, sich bei der Querung mit Schlappseil gegenseitig zu spotten. Übersetzt: Man hält sich an einem Seil fest, um über ein zwischen zwei Pfosten gespanntes Seil zu balancieren, während zwei weitere Teilnehmende rechts und links absichern, damit kein unkontrolliertes Abstürzen passieren kann. Die Übung war auch für Studierende mit Höhenangst geeignet: Das Drahtseil verlief ca. einem halben Meter über dem Boden.
12.5. am Campus Wolfenbüttel/Am Exer: Die erste Gruppe erklärt, welche Aufgabe im Niedrigseilgarten bewältigt werden müssen.
Danach wurde die erste Übernachtungsstätte angesteuert: Der Zeltplatz in der Ortschaft Groß Denkte, der dem Freizeit- und Zeltplatzverein Wolfenbüttel e.V. gehört und speziell für Jugendgruppen konzipiert ist. Mitten im Naturschutzgebiet Asse, südöstlich von Wolfenbüttel gelegen, wurden die Isomatten und Schlafsäcke in fest installierten Großraumzelten ausgerollt.
Das Abendprogramm bestand aus zwei weiteren Aktionen. Zunächst erstellten die Studierenden in Kleingruppen ein LandArt-Motiv aus Materialien der Natur. Dabei entstanden drei Skulpturen, die wie bei Vernissage dann nacheinander vorgestellt und besprochen wurden. Eine Gruppe hatte den Streckenverlauf der Tour mit Ästen, Steinen und Moos nachgebaut, um zu verdeutlichen, „wie wir auf dieser Fahrt wachsen“. Anschließend begannen die Studierenden, die ersten Notizen in Form von Reflexionsaufgaben in ein Erlebnistagebuch zu schreiben, das eine weitere Studierendengruppe erstellt und vorbereitet hatte.
12.5., Zeltplatz Wolfenbüttel: Eins von drei angefertigten LandArt-Kunstwerken.
13.5., Zeltplatz Wolfenbüttel: Die Fahrräder sind gesattelt für die zweite Etappe, jetzt noch schnell ein Gruppenfoto.
13.5., irgendwo zwischen Wolfenbüttel und Braunschweig: So langsam hat man ein gemeinsames Tempo gefunden.
Am nächsten Morgen ging es dann weiter nach Wolfsburg über Braunschweig, wo wieder die Mensa für einen kulinarischen Zwischenstopp genutzt wurde. Danach warteten die nächsten Übungen auf die Studierenden. So mussten sie etwa einen Kommilitonen, dessen Augen verbunden waren, durch ein mit Seilen aufgespanntes „Spinnennetz“ lotsen, ohne dass er die Seile berührte. Auf der Fahrt nach Wolfsburg wurde eine gefühlt 20-minütige Zwangspause vor einer Bahnschranke mit einem nicht abreißend wollenden spontanen Flachwitzgewitter überbrückt. Inoffizieller Gewinner: Was ist weiß und stört beim Essen? Eine Lawine. Am Abend wurden die Zelte auf dem Campingplatz am Allersee aufgeschlagen und eine weitere LandArt-Aktion durchgeführt, bei der die gesamte Gruppe ein großes Rad aus Steinen, Ästen, Schilf und Ufergewächs formte.
13.5., irgendwo zwischen Braunschweig und Wolfsburg: Aber trotzdem nicht den Anschluss zum Vordermann/-frau verlieren.
Der dritte Tag begann wie der Tag davor mit einem zusammengewürfelten Frühstück und jede Menge Instant Kaffee. Die allmählich aufkommende Klassenfahrtstimmung mischte sich mit der dunklen Vorahnung, dass nun der längste Streckenabschnitt vor ihnen lag: 80 km. Für die meisten Studierenden war es nämlich das erste Mal, dass sie eine mehrtägige Fahrradtour machen oder eine solche Strecke am Stück mit dem Rad zurücklegen. Schon gegen Mittag zeigte sich, dass die beiden vorangegangen Tage und absolvierten Kilometer nicht bei allen spurlos vorübergegangen war. Die Muskeln in Oberschenkel und Waden machten sich bemerkbar. Immer wieder zog sich das Feld auseinander. Doch spätestens bei den nun länger werdenden Pausen konnten auch die Lachmuskeln wieder trainiert werden und Kraft für die nächsten Kilometer getankt werden. Und dann endlich: Ortseingangsschild Suderburg. Erschöpft und abgekämpft, aber auch mit einem breiten Lächeln im Gesicht stellten sich alle Studierenden zum finalen Gruppenfoto auf. Geschafft!
14.5., Campus Suderburg: Zurück am heimischen Campus ist die Freude und der Stolz über das erreichte Ziel groß.
Text: van den Brink
Fotos: Ostfalia