International studieren

  • 16.11.22 08:54
  • Vera Huber
  •   Wolfenbüttel / Am Exer

Professor Jacky Baltes aus Taiwan gibt Sondervorlesungen an der Ostfalia

Studierende der Fakultät Informatik, die sich für Robotik und insbesondere für Humanoide Roboter interessieren, können sich in diesem Semester über zwei Sondervorlesungen freuen: „Humanoid Robots“ und „Computer Vision“ bei Professor Jacky Baltes von der Ostfalia-Partnerhochschule in Taipeh. Der Gast-Dozent am Campus Wolfenbüttel hat zuvor bereits in Neuseeland, Kanada und zuletzt Taiwan in diesem Fachgebiet gelehrt und geforscht.
Ab dem Wintersemester 2023/24 können Studierende der Ostfalia – wie auch schon zuvor – wieder ein Auslandssemester mit Professor Baltes an der National Taiwan Normal University in Taipeh absolvieren.

Baltes

Professor Jacky Baltes.

Mehr über sein Fachgebiet und seine Erfahrungen an der Ostfalia hat Jacky Baltes der Ostfalia-Redaktion in einem Interview erzählt.

Ostfalia-Redaktion:
Herr Professor Baltes, Sie forschen im Bereich der Humanoiden Robotik. Was fasziniert Sie besonders daran?

Professor Jacky Baltes:
Die Forschung an „Künstlicher Intelligenz“ (KI) hat in den letzten Jahren viele beeindruckende Fortschritte gemacht. So schlug zum Beispiel das Camputerprogramm AlphaGo den menschlichen Weltmeister im Brettspiel Go. Aber diese Art von abstrakten Problemen ist nur ein kleiner Teil menschlicher Intelligenz und es ist die Art von Intelligenz, wo Computer dem Menschen überlegen sind. Schon vor AlphaGos letztem Erfolg war es für Studierende der einschlägigen Fachrichtungen nahezu problemlos möglich, ein Programm zu erstellen, das die meisten Menschen im Schach schlagen würde. Die meisten Menschen spielen allerdings sehr schlecht Schach.

Ich gehe davon aus, dass unsere menschliche Intelligenz sich seit über 200 000 Jahren entwickelt hat, um alltägliche Probleme zu lösen. Zum Beispiel, um die Eltern von anderen Menschen zu unterscheiden, um einen Baum zu erklettern, oder um Früchte zu erkennen und zu ernten. Diese Art von Intelligenz wird meistens unterschätzt, weil Menschen sie im Unterbewusstsein lösen. Niemand würde ein siebenjähriges Kind ein Genie nennen, weil es seine Schuhe erkennt, sie anzieht und dann bindet. Aber genau das ist viel zu schwierig für den momentanen Stand der KI-Forschung. Physische Bewegungen zu kontrollieren ist sehr schwierig. Studien zeigen, dass Fußballspieler mehr Teile ihrer Gehirne benutzen als Schachspieler.

Ich bin davon überzeugt, dass wir an Problemen der physischen Bewegung, des Erkennens und Differenzierens von Eigenheiten arbeiten müssen, um Intelligenz besser zu verstehen. Dabei muss diese Intelligenz in einem physisch-reellen Körper zum Ausdruck kommen. In diesem Zusammenhang stellt der menschliche Körper die interessanteste theoretische und praktische Herausforderung für die Forschung dar. 

Ostfalia-Redaktion:
Wie wird die „Humanoide Robotik“ unsere Gesellschaft und unseren Alltag in Zukunft beeinflussen? Wie tut sie es bereits jetzt?

Professor Jacky Baltes:
Ich denke, dass zuverlässige, vielseitige Roboter mit einer leistungsfähigen Intelligenz einen viel größeren Einfluss auf unsere Gesellschaft haben werden, als die meisten Leute glauben. Der Computer (PC) wurde 1984 auf den Markt gebracht, das Internet wurde 1992 gestartet. Seither haben diese Technologien das Leben der meisten Leute sehr stark beeinflusst. Aber diese Technologien existieren nur in einer virtuellen Welt - sie finden für uns Daten in einer Datenbank, oder verschieben Zahlen auf einer Bildschirmtabelle. Mit der Verwendung von intelligenten Robotern werden wir Systeme haben, die auch die physische Welt beeinflussen können. Diese Technologien werden den PC und die revolutionären Entwicklungen im Internetbereich wie kleine kurzweilige Veränderungen in der menschlichen Entwicklung aussehen lassen. 

Ostfalia-Redaktion:
Was hat sie motiviert, als Gastwissenschaftler an die Ostfalia zu kommen?

Professor Jacky Baltes:
Ich habe schon lange eine gute Verbindung mit Professor Gerndt von der Fakultät Informatik. Wir haben schon früher erfolgreich zusammengearbeitet. Ich finde auch die Projektarbeit an der Hochschule mit einem autonomen Feuerwehrroboter sehr interessant.

Ostfalia-Redaktion:
Haben Sie Unterschiede im Hochschulalltag, in der Lehre, in der Forschung im Vergleich zur Universität in Taipeh feststellen können? Welche?

Professor Jacky Baltes:
Ich werde das oft gefragt, weil ich an mehreren Universitäten in verschiedenen Ländern der Welt unterrichtet habe. Die Unterschiede in Bezug auf die Motivation und die Fähigkeiten innerhalb einzelner Gruppen von Studierenden ist größer als die Unterschiede zwischen Studierenden aus Europa, Amerika oder Asien. Also, motivierte Studierende werden immer besser sein als unmotivierte Studierende von irgendwo anders. Die Unterschiede sind also eher oberflächlich – beispielsweise fragen die meisten asiatischen Studenten nicht gerne in einer Vorlesung.

Ostfalia-Redaktion:
Was möchten Sie den Ostfalia-Studierenden in diesem Semester gerne vermitteln?

Professor Jacky Baltes:
Ich hoffe, ich kann die Studierenden dazu motivieren, sich stetig weiter zu qualifizieren und sich immer mehr in die Forschung auf dem Gebiet der intelligenten humanoiden Roboter zu vertiefen. Für mich ist das Bauen eines wahrhaft intelligenten Roboters etwas Faszinierendes, das zugleich viel Spaß macht.

Ostfalia-Redaktion:
Was gefällt Ihnen hier an der Ostfalia so, dass Sie es am liebsten mitnehmen würden?

Professor Jacky Baltes:
Meine Kolleg*innen hier waren sehr nett und freundlich. Sie haben mich und meine Frau Wei-Jen sehr warm empfangen. Wir sind sehr dankbar für ihre Hilfe.

Ostfalia-Redaktion:
Vielen Dank für dieses Gespräch.

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