Videokonferenz statt Hörsaal

  • 14.05.20 12:36
  • Jana Schöppler
  •   Salzgitter Suderburg Wolfenbüttel / Am Exer Wolfenbüttel Wolfsburg

Lehren, lernen und forschen in einer außergewöhnlichen Situation: Seit Mitte März werden die Präsenzveranstaltungen des Sommersemesters an der Ostfalia Hochschule ausgesetzt. Die aktuelle Lage und Entwicklung der Corona-Pandemie stellt Lehrende und Studierende vor neue Herausforderungen in Studium und Lehre. Ob Videokonferenzen mit Kommiliton*innen, Online-Vorlesungen, oder das verstärkte Selbststudium ‒ in dieser Zeit des „Social distancing“ müssen sich die Studierenden an verschiedene Aspekte eines veränderten Studienalltags gewöhnen. Einige Studierende berichten von ihren bisherigen Erfahrungen mit der Online-Lehre und ihrem Umgang mit der derzeitigen Situation.

Zwischen Selbststudium, neuen Routinen und Flexibilität

„Durch das Aussetzen der Präsenzveranstaltungen fällt natürlich erst einmal die Routine weg, sodass man seinen Alltag neu strukturieren muss“, sagt Marlow Guttmann, Student und Mitglied des Fachschaftsrats der Fakultät Recht (Brunswick European Law School). Die neue Situation stellt für ihn auch in Bezug auf das Selbststudium eine gewisse Herausforderung dar. Dabei spielen für Guttmann insbesondere neue Strukturen und Routinen eine wichtige Rolle: „Hierfür habe ich mir einen eigenen Lernplan erstellt, um eine gewisse Routine beizubehalten und Lerninhalte täglich aufzubereiten.“ Die neuen, digitalen Formate geben dem Studienalltag zwar eine zeitliche Flexibilität, gleichzeitig müsse man auf den gewohnten, direkten Kontakt zu Kommiliton*innen und Lehrenden vor Ort verzichten.

Ein Gewinn an Flexibilität, aber eben auch die Notwendigkeit eines guten Zeitmanagements– auch Lisa Zuchowski, Studentin an der Fakultät Soziale Arbeit erlebt die derzeitige Situation ähnlich. Zurzeit schreibt sie an ihrer Bachelor-Arbeit und spart sich durch den wegfallenden Fahrweg zur Hochschule ein wenig Geld und Zeit. Gleichzeitig habe sie schnell gemerkt, dass ohne Präsenzlehre vor Ort das Zeitmanagement umso wichtiger ist: „Man muss selbst am Ball bleiben!“

Für Mauritz Brennecke bringt der veränderte Studienalltag weitere Herausforderungen mit sich. Er studiert im Bachelor-Studiengang „Wirtschaftsingenieurwesen Energie“ der Fakultät Versorgungstechnik und hat eine zweijährige Tochter. „Diese Zeit stellt für uns eine außergewöhnliche Situation dar. So müssen wir täglich eine Balance zwischen Studium und Kinderbetreuung finden. Bei mir läuft zum Beispiel eine Vorlesung, die ich am Rechner verfolge, und im Hintergrund spielt das Kind“, schildert Brennecke den neuen Alltag. So bedinge das Studium am Arbeitsplatz zu Hause und die gleichzeitige Kinderbetreuung häufig eine längere Zeit der Vor- und Nachbereitung der Online-Veranstaltungen. Auf die technische Umsetzung der Online-Lehre blickt er aber grundsätzlich positiv. So habe er schon vor der Corona-Krise häufig mit digitalen Formaten und Plattformen gearbeitet.

Online-Vorlesung statt Hörsaal – wie kommen Studierende mit der Online-Lehre klar?

Die neue Situation und damit verbundene Umstellung auf Online-Kanäle in der Lehre forderte von den Lehrenden und Studierenden zunächst Geduld, Kreativität und auch Flexibilität. Schnell mussten technische Lösungen für Chats, Tools für Videokonferenzen sowie E-Learning-Angebote gefunden werden. Den recht abrupten Wechsel von der Präsenz- zur Onlinelehre beschreibt auch Gerret Lose, Informatik-Student und AStA-Vorstand der Ostfalia Hochschule, als ungewöhnliche Situation. „Es ist schon seltsam, sich auf die neue Situation einzustellen. Sonst besucht man Lehrveranstaltungen vor Ort – nun ist es ein reines Arbeiten am Rechner. Die Vorlesung verfolgt man nun über die Webcam. Da fehlt natürlich das persönliche Feedback, die Mimik und Gestik.“ In seinem Studiengang wurden allerdings schnell technische Lösungen gefunden und Tools bereitgestellt. „Das technische Know-How war schon vorhanden.“ So nutze Lose jetzt beispielweise häufig das Videokonferenzsystem BigBlueButton. Aber auch produzierte Videos von Lehrenden und bereitgestellte Folien zum Selbststudium gehören für ihn zum neuen Studienalltag.

Die schnelle technische Umstellung auf die Online-Lehre bestätigt auch Felix Rottenbacher, Student an der Fakultät Versorgungstechnik, sodass sich seine Vorlesungen nun größtenteils in Online-Formaten durchführen ließen. Auch er muss sich an die neue Distanz fernab von Hörsälen und Seminarräumen gewöhnen. Auch der gewohnte, direkte Kontakt zu den Lehrenden des normalen Studienbetriebs fällt im neuen, digitalen Studienalltag ins Gewicht. „Der, gerade an einer Hochschule wie unserer, hochgeschätzte Kontakt zwischen Studierenden und Lehrenden zeigt sich als größter Nachteil der aktuellen Online-Lehre“, so Rottenbacher. Gleichzeitig gilt sein Dank den Lehrenden, die ihre Lehrveranstaltungen in kurzer Zeit umgestellt haben.

Leere Hörsäle und fehlende soziale Kontakte – doch hat die Krise auch positive Effekt auf das Studium oder eröffnet sogar neue Möglichkeiten? Neben einer Zeitersparnis in der Anreise zur Hochschule sieht Felix Rottenbacher weitere Vorteile: „Auch sehe ich die derzeitige Situation als große Chance, Themen wie E-Learning, wenn auch nicht für jede Anwendung praktikabel, weiterzuentwickeln und in unserer Hochschule weiter zu etablieren.“ Dies bestätigt auch Student Marlow Guttmann von der Fakultät Recht.  Er sieht eine große Chance im Bereich der Digitalisierung: „Ich bin zuversichtlich, dass die aktuelle Situation einen positiven Impuls für den digitalen Fortschritt geben wird und so völlig neue Wege der Wissensvermittlung entstehen.“

Auch studentisches Leben verändert sich

Nicht nur Präsenz-Lehrveranstaltungen finden zurzeit nicht statt. Für das Sommersemester wurden auch alle Veranstaltungen außerhalb des Lehrbetriebs abgesagt. Die Corona-Pandemie verändert nicht nur das Lehren und Lernen an der Ostfalia, auch das studentische Leben außerhalb der Hörsäle hat sich gewandelt. Wie gehen die Studierenden mit dieser neuen Situation um? Und welche studentischen Aktivitäten vermissen sie am meisten? Aus seiner persönlichen Erfahrung berichtet AStA-Vorstand Gerret Lose: „Es fehlt natürlich, sich mit Kommilitoninnen und Kommilitonen vor Ort zu treffen. Abends gemeinsam Am Exer zu grillen oder ein Bier zu trinken, gehört für mich auch zum Studium.“ So freue er sich auf die Zeit, wenn soziale Aktivitäten rund um die Hochschule wieder möglich sind.

Text: Jana Schöppler, 14.05.20

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