OF_ZeLL_Bildmarke

Eindrücke des Lerncoaching-Teams zur Lage der Studierenden in der Corona-Krise

Seit mehreren Wochen unterliegt das öffentliche Leben starken Einschränkungen. Auch das Hochschulleben findet ohne Präsenzlehre statt. Für Studierende und Lehrende ist dies eine gleichermaßen herausfordernde Zeit, die viel Anpassungsvermögen und Mut zu neuen Wegen erfordert.

In den Beratungen der Lerncoaches, die seit Mitte März per Mail, Videokonferenz und Telefon stattfinden, berichten Studierende über ihre Unsicherheiten und Sorgen aufgrund der Pandemieauswirkungen – sowohl bezüglich des Studiums als auch in Bezug auf ihre persönliche Lage. Mit diesem Schreiben möchten wir einen kurzen Einblick geben in die Themen, die die Studierenden der Ostfalia derzeit bewegen und was sie in den letzten Wochen als hilfreich erlebt haben.

Vorweg lässt sich jedoch eines auf den Punkt bringen:

Die Studierenden haben derzeit ein starkes Bedürfnis nach regelmäßigen, klaren Informationen und transparenten Entscheidungsprozessen. Den meisten Studierenden ist bewusst, dass nicht immer alles sofort zufriedenstellend geklärt werden kann. Es besteht eher der Wunsch, mit den eigenen Fragen und Themen wahrgenommen und gehört zu werden.

Unsicherheiten bezüglich des Semesterverlaufs

Auch wenn viele Studierende Verständnis dafür haben, dass derzeit Entscheidungen häufig nur auf „ Sichtweite“ getroffen und kommuniziert werden können, empfinden sie gerade die Unsicherheit bezüglich ihres weiteren Studienverlaufs als sehr belastend und wünschen sich klare zeitliche Strukturen und Regelungen.

Gefühl des „Abgeschnitten-Seins“

Durch den Wegfall der Präsenzlehre und des gewohnten Studienalltags vor Ort an den Standorten schildern viele Studierende ein Gefühl des „Abgeschnitten-Seins“. Durch den Wegfall der Präsenzlehre fehlt der persönliche, niedrigschwellige Kontakt, um Fragen zu klären und eine Rückmeldung zum eigenen Lernstand zu bekommen. Besonders Studierende, die vor schriftlichen Drittversuchen stehen, sind in großer Sorge. Sie fragen sich, wie sie diese wichtige Prüfung überhaupt bestehen können, wenn sie wenig Kontakt zu den Lehrenden haben und Veranstaltungen nicht besuchen können. Angebote zur individuellen Kommunikation oder feste Sprechzeiten werden als sehr hilfreich erlebt.

Technische Herausforderungen

Sehr positiv erleben Studierende die Schnelligkeit, mit der an vielen Stellen die Lehre auf Onlineformate umgestellt wurde. Die meisten Studierenden zeigen großes Verständnis, wenn Lehrende sich in neue Lehrsituationen einfinden müssen und nicht alles gleich reibungslos klappt. Jedoch ergeben sich für einzelne Studierende technische Probleme, die u.a. aus veralteter oder gar fehlender technischer Ausstattung oder überlasteten Internetverbindungen resultieren. Hier sind individuelle Lösungen hilfreich, indem alternative Möglichkeiten geschaffen werden, damit Vorlesungen zu einem späteren Zeitpunkt z.B. als Video angeschaut werden können.

Selbstorganisiertes Lernen

Das Studium erfordert ein hohes Maß an Selbstorganisation, um Lernen, Arbeiten und Freizeit gut zu trennen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Einschränkungen des öffentlichen Lebens wird dies für viele Studierende zunehmend zur Herausforderung: Lernräume der Hochschule sind aktuell nicht zugänglich, Freizeit- und Sporteinrichtungen können nicht genutzt werden. Insbesondere für Studierende mit Familie wird das Studium neben Betreuung von Kindern zunehmend zur Herausforderung. Aber auch Studierende im ersten Semester haben wenig Erfahrungen im selbstorganisierten Lernen und können noch nicht auf Erfahrungswissen zurückgreifen, was erfolgreiches Studieren ausmacht und welche Anforderungen in Prüfungen an sie gerichtet werden. Mit Näherrücken der Prüfungsphase benötigen gerade die Erstsemester besondere Unterstützungsformate, um gut vorbereitet in die Prüfungen starten zu können.

Studierende mit Grunderkrankungen

Das Lerncoaching ist eine wichtige Anlaufstelle für Studierende mit chronischen Erkrankungen, die vor dem Hintergrund der Pandemie nun häufig zur Risikogruppe zählen und sich auch auf längere Sicht aus dem gesellschaftlichen Leben und der Hochschule zurückziehen müssen. Auch Studierende mit psychischen Vorerkrankungen sind in dieser Situation besonders gefährdet, da soziale Distanzierung gerade bei dieser Personengruppe schnell dazu führen kann, dass sich Symptome wie Ängste oder Depressionen verstärken oder wieder aufkommen. Verschärft wird dieser Zustand durch die aktuellen Einschränkungen der psycho-therapeutischen Versorgung. Hier bedarf es individueller Lösungen, um den betroffenen Studierenden ein sinnvolles Weiterstudieren zu ermöglichen.

Studienfinanzierung

Große Unsicherheiten bestehen zudem im Bereich der Studienfinanzierung. Studierende wenden sich mit Fragen zur Weiterzahlung des BAföGs, des Studienabschlusskredits, aber auch zur Grundversorgung an das Lerncoaching. Der Wegfall von wichtigen Nebenjobs und die daraus resultierende ungeklärte finanzielle Situation werden als akute Belastung erlebt und stellen bei vielen Betroffenen bereits nach wenigen Wochen die weitere Durchführbarkeit des Studiums in Frage. Das BAföG-Amt hat hier bereits frühzeitig ermutigende Regelungen kommuniziert und in vielen Fällen konnten gute individuelle Lösungen gefunden werden. Sollten sich dennoch finanzielle Engpässe bei Studierenden ergeben, reicht oftmals schon ein Hinweis auf Anlaufstellen, bei denen die Studierenden Unterstützung bekommen können, um ihre persönliche Situation zu klären.

Zusammenfassend lässt sich festhalten:

Momentan besteht bei vielen Studierenden ein erhöhtes Bedürfnis nach Sicherheit und klarer, regelmäßiger Information. Pandemiebedingte Veränderungen in Semesterabläufen und Prüfungsvoraussetzungen können von den Studierenden besser eingeordnet und umgesetzt werden, wenn Neuerungen von der jeweiligen Fakultät für die einzelnen Studiengänge in konkrete Hinweise und Informationen übersetzt und klar und direkt kommuniziert werden.

Onlineformate alternativ zur Präsenzlehre werden von den Studierenden als sehr positiv aufgenommen, besonders, wenn sie direkte Rückfragemöglichkeiten, Rückmeldungen zum eigenen Lernfortschritt und Möglichkeiten zur Mitgestaltung bieten.

Dort, wo besondere Herausforderungen oder Nachteile zu befürchten sind, wie zum Beispiel bei anstehenden Drittversuchen, Erstsemestern, Studierenden mit Familienaufgaben oder Studierenden mit chronischen Erkrankungen, werden in vielen Fällen bereits gute Einzelfalllösungen gefunden. Getroffene Regelungen dazu und Verfahrenshinweise sind umso hilfreicher, wenn sie über die üblichen Anlauf- und Informationsstellen (Studienberatung, Lerncoaching, u.a.) anderen Betroffenen zugänglich gemacht werden.

Wir wünschen Ihnen allen weiterhin viel Gesundheit und Zuversicht für die kommende Zeit.
Ihre Lerncoaches

nach oben
Drucken