Zeitzeug*innen im Interview

Cato Bohlens

Cato Bohlens

Cato Yorck Bohlens studierte von 1. September 2018 bis 31. August 2021 Tourismusmanagement an der Fakultät Verkehr-Sport-Tourismus-Medien der Ostfalia. Von 1. März 2020 bis 28. Februar 2021 war er Vorstand des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) am Campus Salzgitter.

 

Ostfalia-Redaktion:
Herr Bohlens, Sie haben in Salzgitter studiert und waren Vorstand des Allgemeinen Studierenden-Ausschusses, AStA. Können Sie uns ein wenig mehr dazu erzählen?

Cato Bohlens:
Der AStA-Vorstand in Salzgitter ist einer von mehreren Vorständen, die sich über die vier Ostfalia-Standorte verteilen. Er kümmert sich darum, dass im AStA seines jeweiligen Standortes quasi „alles läuft“. Man hält seinen Referent*innen den Rücken frei und kümmert sich um den ganzen Verwaltungsaufwand, der in einer Studierendenschaft so anfällt. Für mich speziell kommt zusätzlich zu der geschäftsführenden Tätigkeit für die Studierendenschaft sowie die Personalverantwortung für die drei Angestellten des AStAs in deren Geschäftsstelle dazu. Genau abgrenzen kann man die Arbeit des AStA-Vorstands gar nicht. Es gilt auf dem Laufenden zu bleiben und wenn möglich überall beteiligt zu sein, um Entscheidungen im Sinne der Studierendenschaft weitsichtig treffen zu können. Kurzum, ein ziemlich anspruchsvolles Amt, das aber auch viel zurückgibt.

 

Ostfalia-Redaktion:
Wie und in welchen Bereichen können sich Studierende an der Hochschule beim Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) beteiligen?

Cato Bohlens:
Der einfachste Weg, sich einzubringen, ist, zu den Hochschulwahlen zu gehen, sich zu informieren und den Leuten, die schon dabei sind, Ideen und Verbesserungsvorschläge zukommen zu lassen. Wer sich aber noch effektiver beteiligen möchte und die Zeit dafür mitbringt, bekommt hier unendlich viele Chancen geboten. Genau so vielfältig wie unsere Studierendenschaft sind auch die Möglichkeiten, sich für diese einsetzen zu können. Der AStA arbeitet eng mit dem StuPa (Studierendenparlament) und den FaRa (Fachschaftsräten) zusammen. Wir sind alle Studierende der Ostfalia und ein großes Team, welches am besten funktioniert, wenn sprichwörtlich alle kleinen Zahnräder ineinandergreifen. Deshalb an dieser Stelle auch die Empfehlung von mir, sich mit diesen Organen zu beschäftigen, wenn man Interesse hat, sich an der Hochschulpolitik zu beteiligen.

Der AStA hat seine Aufgaben auf verschiedene Referate verteilt, die jeweils von Studierenden als sogenannte Referent*innen mit Leben erfüllt werden. Jedes Referat kann maximal von zwei Personen gleichzeitig besetzt werden. Die meisten Referate sind an einen Standort gebunden. Es gibt aber auch hochschulweite Referate, die sich zum Beispiel mit dem Semesterticket beschäftigen oder mit den Hochschulwahlen jedes Jahr im November. An den Standorten wird versucht, jedes Referat zu etablieren. Salzgitter ist hier der Vorreiter mit zehn Referaten.

Die allermeisten kennen das Kinoreferat, welches unser Hochschulkino im Hörsaal organisiert. Hier gibt es oft auch eine Zusammenarbeit mit dem Veranstaltungsreferat, das sich um Partys und Veranstaltungen kümmert. Zu diesen zählen zum Beispiel die Queer-Abende, die federführend vom Gleichstellungsreferat ausgehen. Damit für jede Veranstaltung sämtliches Material bereit liegt, pflegt unser Raum- und Technikreferat die Bühnen- und Veranstaltungstechnik und sorgt für deren Ausgabe. Damit unsere Studierenden auch mitbekommen, was alles am Campus ansteht, gestaltet das Öffentlichkeits-und Designreferat Plakate, Flyer und Instagram-Posts. Auch die Campus-Kultur darf nicht zu kurz kommen. So hält das Sozio- und Kulturreferat Kontakt zu Theatern, Gedenkstätten und Archiven. Ergänzend dazu steht das Ökologiereferat im Austausch mit dem Schacht Konrad e.V., welcher die Einlagerung von Atommüll in der Region überwacht. Aber auch die Hochschulgärten in Suderburg und Wolfenbüttel werden von diesem Referat gepflegt. Um Belange der Studierenden im Bereich Mobilität kümmert sich das Mobilitätsreferat, zum Beispiel wie Radfahrer*innen oder Bus-Nutzer*innen noch besser zum Campus hin- und zurückkommen. An manchen Standorten gibt es auch die Möglichkeit, beim Musik- und Kulturreferat Gitarrenkurse zu belegen oder andere Instrumente zu lernen. Und letztendlich gibt es da noch den AStA-Vorstand: Dieser bildet quasi die Geschäftsführung der Studierendenschaft und vertritt diese gegenüber der Hochschulleitung und nach außen. Gleichzeitig übernimmt der Vorstand den ganzen Verwaltungsaufwand im Hintergrund, damit die Referate gut arbeiten können.

 

Ostfalia-Redaktion:
Welche Eigenschaften machen aus Ihrer Sicht die Studierendenschaft der Ostfalia Hochschule aus? Gibt es Besonderheiten?

Cato Bohlens:
Diversität ist das Wort, welches ich wählen würde, wenn ich die Ostfalia mit einer Eigenschaft beschreiben müsste. Wir haben vier Standorte, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Alleine vom Baulichen her ist die Hochschule schon so bunt, dass sie quasi von ihren Studierenden erwartet, alles andere als monoton zu sein. Während man in Wolfenbüttel die Chance hat, im Sprachenzentrum in einer ehemaligen Kaserne die Sprachen der Welt zu lernen, findet in Salzgitter ein erheblicher Teil der Vorlesungen im alten Verwaltungsgebäude eines Bergwerks statt. Und auch wenn in Wolfsburg fast alle Gebäude nagelneu sind, nutzt die Ostfalia auch hier das ehemalige Ordnungsamt. Für Suderburg möchte ich das AStA-Gebäude erwähnen, welches aus einer entweihten Kirche entstanden ist. Diese Herangehensweise an Problemstellungen spiegelt sich auch in unserer Forschung und Lehre wider. Generell prüft die Ostfalia bei ihren Entscheidungen die Ausgangssituation und versucht dann für alle Beteiligten das Beste daraus zu machen. Hat man es geschafft, aus der Vielfalt von Angeboten den passenden Studiengang für sich zu finden, gibt es in meinen Augen kein schöneres Gefühl, als mit diesem Rückenwind durchstarten zu können. Alle Standorte und Studierenden bringen ihre Geschichte mit und gemeinsam entwickeln sie sich für ihre Zukunft.

 

Ostfalia-Redaktion:
Was war Ihre persönliche Motivation, sich an der Hochschulpolitik zu beteiligen und sich für die Interessen der Studierendenschaft einzusetzen?

Cato Bohlens:
„Wer stehen bleibt, verschließt die Augen vor dem Fortschritt.“ Genau das wollte ich nicht! Als ich mit meinem Studium an der Ostfalia in Salzgitter angefangen habe, war die Hochschulpolitik an diesem Standort bei Weitem nicht so präsent, wie ich es mir gewünscht hätte. Also stellte ich mich für das Studierendenparlament auf und wurde in meinem ersten Semester direkt ins StuPa-Präsidium gewählt. Die Erfahrungen aus dieser Zeit haben für mich die beste Vorlage für mein späteres Amt als AStA-Vorstand gegeben. Eigentlich hätte mir das Amt schon gereicht, aber ich wurde von dem damaligen Öffentlichkeitsreferenten angesprochen, ob ich nicht für den AStA-Vorstand kandidieren könnte. Ich fragte ihn, wie er auf mich käme und seine Worte bewegten mich tatsächlich dazu, für dieses Amt anzutreten.

Entscheidend für mich war und ist: Man kann im AStA, dem StuPa und im FaRa so viel bewegen und seine Umwelt für sich, andere und die, die nach einem kommen werden, mitgestalten. Wir wandeln alle auf Wegen, die andere für uns geebnet haben, und ich freue mich, dass ich meinen Teil dazu beitragen konnte.

 

Ostfalia-Redaktion:
Sie waren einige Jahre im AStA der Hochschule engagiert. Mit welchen zentralen Themen/Anliegen hat sich der AStA während dieser Zeit beschäftigt?

Cato Bohlens:
Neben dem „Alltagsgeschäft“ des AStAs, welches meist mit der Organisation von Veranstaltungen oder der Unterstützung unserer Studierenden zu tun hat, war ein zentrales Thema der letzten Jahre die abnehmende Wahlbeteiligung. Es war zu beobachten, dass ähnlich wie in der Politik, auch die Wahlbeteiligung bei den Ostfalia-Hochschulwahlen stetig abnahm. Wenn man Studierende ansprach, warum sie ihre Stimme nicht nutzen, hörte man oft, dass sie kein Interesse an Politik haben und nicht wissen, wen sie wählen sollten. Auffällig war, dass dies gerade die Studierenden waren, die sich zum Beispiel über den Semesterbeitrag beschwerten und forderten, diesen zu senken. Unser Lösungsversuch bestand darin, Hochschulpolitik begreifbarer zu machen. Mit den neuen Medien wollte und will der AStA den Studierenden nahelegen, warum sie zu den Wahlen gehen und am besten sogar selbst mitanpacken sollten. Denn noch haben sie eine Wahl! Für manche Ämter ist es schon passiert, dass aufgrund von fehlenden alternativen Bewerber*innen nur eine Kandidatin oder ein Kandidat zur Wahl stand. Die oder der Betreffende hatte dann quasi schon gewonnen, egal wie gut oder schlecht die Eignung für dieses Amt war. Das soll sich für die Zukunft ändern.

 

Ostfalia-Redaktion:
Gibt es ein Projekt/eine Aktion, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist und warum?

Cato Bohlens:
Besonders stolz bin ich auf ein Projekt, das ursprünglich von einem meiner Mitstudierenden, Phillip Schöniger, angestoßen wurde. Der AStA hatte schon vor langer Zeit in einem Keller des Gebäudes der Fakultät Versorgungstechnik auf dem Campus Am Exer eine Fahrrad-Selbsthilfewerkstatt eingerichtet. Sie ist mit allem, was das Fahrradschrauberherz begehrt, ausgestattet. Spricht man die dort einkehrenden Schrauber*innen an, hört man oft Geschichten darüber, wie sogar komplette Fahrräder neu aufgebaut wurden. Es ist ein gut sortiertes Ersatzteillager vorhanden, das immer wieder durch sogenannte „Fahrradleichen“ aufgestockt wird. Für die meisten Alltagsreparaturen benötigt man jedoch keine Profi-Ausstattung. Auch ist es mühselig, ein plattes Fahrrad die Salzdahlumer Straße bergauf zu schieben. Also haben wir zusammen mit dem StuPa eine Fahrrad-Selbsthilfestation gekauft. Diese steht nun am Haupteingang der Ostfalia allen Radler*innen zur Verfügung. Da wir den Eindruck hatten, dass die Studierenden nun öfter zum Fahrrad greifen, haben wir für die Standorte Salzgitter und Suderburg ebenfalls eine Fahrrad-Selbsthilfestation beschafft.

 

Ostfalia-Redaktion:
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Hochschule? Und welche Themen werden für die Studierenden auch zukünftig relevant sein?

Cato Bohlens:
Da Nachhaltigkeit für mich zusammen mit sozialer Gerechtigkeit an erster Stelle steht, wünsche ich mir, dass die Ostfalia diesen guten Weg weitergeht. Ich kenne keine andere Hochschule, die so bunte Standorte hat. Ich wünsche mir, dass in Zukunft die Fakultäten ihre Auslandskontakte vermehrt nutzen, um gemeinsame Seminare aufzustellen und die Studierenden noch mehr Lust haben, sich auch an den anderen Standorten zu beteiligen. Zudem wünsche ich der Ostfalia, dass sie immer wieder von engagierten Studierenden mit Leben gefüllt wird, diese sich in die verantwortungsvollen Aufgaben der studentischen Selbstverwaltung einbringen und ihre Kurswahl unabhängig von den dazu erwartenden CreditPoints tätigen.

Mein größter Wunsch ist jedoch, dass Studierende und Lehrende Themen und Inhalte, die an der Hochschule diskutiert werden, weiterhin kritisch hinterfragen und immer am Puls der Zeit bleiben.