Third Mission an der Ostfalia
Im Interview erzählen Gert Bikker, Vizepräsident für Forschung, Entwicklung und
Technologietransfer, und Martina Lange, Leiterin des Wissens- und Technologietransfers, was sich
hinter „Third Mission“ verbirgt und was die Ostfalia dabei für eine Rolle einnimmt.
Immer häufiger wird über „Third Mission“ an Hochschulen geredet – was bedeutet das?
Gert Bikker: Hochschulen haben verschiedene Aufträge oder „Missionen“. Die Lehre und die
Forschung an Hochschulen sind seit jeher Bestandteil dieser Missionen. Da die Ostfalia als
Hochschule sehr anwendungsorientiert lehrt und forscht, ist der Transfer in die Praxis quasi
naturgegeben und eng mit Lehre und Forschung verbunden. Nun rückt die dritte Mission, die „Third
Mission“, immer weiter in den Fokus – mit ihr wird ein erweiterter Transferbegriff beschrieben.
Martina Lange: Transfer bedeutet an dieser Stelle nicht nur, dass Hochschulen Wissen und
Technologien in die Gesellschaft transferieren. Viel mehr bezeichnet Third Mission einen
multidirektionalen Prozess. In Interaktion mit der Zivilgesellschaft leisten die Hochschulen ihren
Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen, in dem sie gemeinsam auch kulturelle,
soziale und politische Dimensionen berücksichtigen und Wissen entsprechend auch
disziplinübergreifend anwenden.
Was verändert sich dadurch an der Ostfalia?
Gert Bikker: Durch den hohen Anwendungsbezug in der Forschung an der Ostfalia arbeiten die
Professorinnen und Professoren in ihren Forschungsprojekten bereits transferorientiert gemeinsam
mit Unternehmen und Verbänden. Das Neue ist, dass die Zusammenarbeit auf weitere gesellschaftliche
Gruppen ausgeweitet wird und vermehrt Themen aus der Gesellschaft aufgegriffen werden – sozusagen
stärker nachfrageorientiert gearbeitet wird.
Martina Lange: Die bestehenden Kooperationen werden weiter ausgebaut und mit Hilfe von
verschiedenen Formaten intensiviert. Zum Beispiel organisiert die Ostfalia „Runde Tische“ bei denen
kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mit Professorinnen und Professoren aus verschiedenen
Fachbereichen über konkrete Digitalisierungsstrategien diskutieren oder soziale Einrichtungen mit
den Forschenden zusammen kommen, um ihre Bedarfe im Bereich Transfer zu ermitteln.
Die Ostfalia hat eine Transferstrategie. Was sind die zentralen Inhalte der Transferstrategie
und was bedeutet das für die Praxis?
Gert Bikker: Die Transferstrategie leitet sich aus der Gesamtstrategie der Ostfalia ab. Die
Ostfalia versteht sich als Bestandteil des regionalen Innovationssystems und verstärkt ihre
Aktivitäten zur Weiterentwicklung der Region über neue Wege des Transfers. Zentrale Themen sind
dabei eine nachhaltige Gründungskultur und die Förderung von Unternehmensgründungen,
(zivil-)gesellschaftliche Akteure vermehrt in Forschungs-, Innovations- und Transferprozesse
einzubeziehen sowie Beratungs- und Unterstützungsstrukturen zu schaffen, um die internationale
Vernetzung der Hochschule im Bereich der Forschung zu fördern. Weiterhin sind der Ausbau der
Forschungsfelder der Ostfalia, die Ausweitung von Kooperationen mit Wirtschaft, anderen
Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Institutionen sowie die Kooperation mit der
Wirtschaftsförderung des Landkreises Wolfenbüttel im Bereich Technologietransfer und
Innovationsberatung wichtige Bestandteile der Transferstrategie.
Zu guter Letzt: Wie werden solche Projekte finanziert?
Gert Bikker: Die Forschung an der Ostfalia ist vor allem über Drittmittel finanziert. Über die
europäische Förderung läuft zum Beispiel gerade das Projekt GrowIn 4.0 an der Ostfalia. Das Projekt
hat das Ziel, auf KMU zuzugehen und sie bei der Umsetzung von Industrie 4.0-Technologien und
-Dienstleistungen zu unterstützen. Auch über das Förderprogramm Zentrales Innovationsprogramm
Mittelstand (ZIM) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie werden Transfer-Projekte
ermöglicht, ebenso über bilaterale Kooperationen, wie zum Beispiel mit dem Landkreis Wolfenbüttel.
Über dies sieht der aktuelle Koalitionsvertrag des Landes Niedersachsen vor, den Transfer im Sinne
von „Third Mission“ strukturell und institutionell zu verbessern. Entsprechende Landesförderung ist
angekündigt – wir sind gespannt.
Transfer in Niedersachsen: Projekt TransferHub38 ist gestartet
Die von Gert Bikker erwähnte Landesförderung zur Verbesserung des Transfers in Niedersachsen
wurde in der Zwischenzeit mit der Ausschreibung „Transfer in Niedersachsen: Starke Strukturen für
innovative Projekte“ umgesetzt. Mit ihrem gemeinsamen Antrag konnten sich die Ostfalia Hochschule
und die Technische Universität Braunschweig durchsetzen: Im Juli 2019 ist das Verbundprojekt „
TransferHub38“ gestartet, es wird für fünf Jahre mit rund 1,5 Mio. Euro durch Mittel des
Niedersächsischen Vorab gefördert. Weitere Informationen sowie die Ansprechpartner*innen des
Projekts TransferHub38 finden Sie
hier auf unseren Forschungsseiten.