Matthias Hoffmann, BEE: Auslandsstudium an der TAMK in Finnland

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Moi, mitä kuuluu? Olen Matthias, puhutko englantia?

Seit  Mitte August beginnen meine täglichen Begrüßungen so. Das letzte Jahr meines Studiums verbringe ich seit dem 14. August 2009 an unserer finnischen Partnerhochschule mit dem melodischen Namen „Tampereen ammattikorkeakoulu“, der Einfachheit halber TAMK.

Da meine Kommilitonen schon ausführlich ihre Gründe für die Wahl der Ostfalia beschrieben haben, werde ich nur kurz darauf eingehen, dann aber vor allem über meine Beweggründe, nach Finnland zu gehen, sprechen.

  • Name: Matthias Hoffmann
  • Gebürtig aus:  Lippstadt, NRW
  • Abitur:  Juni 2006 mit Leistungskursen in Englisch und Biologie
  • Beginn des Studiums: September 2006

 

Fazit zu 3 Jahren BEE in Wolfenbüttel:

Eine kleine Hochschule mit wirklich netten Kommilitonen, mit guter Betreuung durch die Lehrkräfte und kleinen Lerngruppen. Man kennt sich und bekommt überall Hilfe.

 

Warum wollte ich nach Finnland?   

Schon in der Jahrgangstufe 11 zog es mich für 6 Monate nach Ohio in die USA. Danach war mir klar: Auslandsaufenthalt, das musst Du auf jeden Fall wiederholen! Als ich mich für eine Studienrichtung entschieden hatte und es dann also zur Wahl der Hochschule kam, suchte ich mir hauptsächlich international aufgestellte Studiengänge. Die Ostfalia traf mit ihren vielen Partnerhochschulen und dem Doppel-Bachelor Angebot in Environmental Engineering den Nagel ziemlich genau auf den Kopf. Somit landete ich in der niedersächsischen Provinz!

Das nächste „Problem“ war dann die Wahl zwischen einem Studium in Spanien, in Norwegen oder in Finnland. Während des Verlaufs meines Studiums änderten sich meine Wunschdestinationen immer mal wieder. Glücklicherweise hatte ich die Möglichkeit, mir unsere Partnerhochschulen in Norwegen und Finnland genauer anzugucken. Im Jahr 2007 machten wir unter der Leitung von Herrn Zaiß Exkursionen nach Trondheim und Tampere. In Tampere war z.B. auffällig, wie international der Studiengang aufgestellt ist. 20 Leute pro „Klasse“ und davon vielleicht 5 aus Finnland. Die anderen 15 kamen aus allen Ecken der Welt.  

Mit diesen Hintergrundinformationen nahm ich also meine nächsten Semester in WF in Angriff und nach einiger Zeit kristallisierte sich für mich Tampere heraus. 4 Semester Naturwissenschaften und Ingenieurgrundlagen weckten das Interesse, auch mal zu sehen, wie sich das bisher Gelernte in der Öffentlichkeitsarbeit und Managementpositionen anwenden lässt. Da die TAMK eine Vertiefung in Environmental Management anbietet, war klar: Tampere, ich komme!

Die nächsten Schritte vom Entschluss zur Realisierung waren dann eigentlich recht einfach: Auf zum Internationalem Büro und ran an den notwendigen Papierkram. Die Erasmusunterlagen stellen aber keine große Hürde dar und das bürokratische Procedere ist innerhalb der EU durch das bestehende System sehr schnell abgewickelt. – Ich habe allerdings auch von Fällen gehört, wo der Austausch innerhalb der EU nicht so leicht zu organisieren war.- Nach der Zusage gilt es, sich schnell für eine Wohnung in Tampere zu bewerben. Zum Herbst starten an den 4 Universitäten der Stadt so viele Studenten ins neue Semester, dass es schon mal schnell eng auf dem Wohnungsmarkt werden kann. Beworben hat man sich aber auch innerhalb von nicht mal 5 Min. Alles ist im Netz komfortabel zu erreichen und auf Anfragen per e-Mail wird umgehend geantwortet.

Jetzt bin ich schon seit einigen Wochen hier und bin sehr zufrieden. Von den Rekordtemperaturen in Deutschland habe ich allerdings nur gehört! Der Sommer liegt hier schon ein wenig in den letzten Zügen, aber blauen Himmel und Sonne haben wir auch. In meinem Studentenwohnheim in unmittelbarer See- und Innenstadtnähe lässt es sich aushalten und die erste Woche Unibetrieb habe ich jetzt auch schon hinter mir.

Tampere hat neben 4 Universitäten noch einiges mehr zu bieten. Es ist die größte Binnenstadt Finnlands und landet mit 200 000 Einwohnern auf Platz drei der finnischen Größencharts. Hier leuchteten die ersten Glühbirnen Skandinaviens und ihre industrielle Vergangenheit kann die Stadt nicht verstecken, aber Gott sei Dank wurden Fabriken früher aus roten Backsteinen gebaut, bieten also auch heute noch einen durchaus ansehnlichen Anblick. Fachwerkbebauung wie in WF sucht man hier allerdings vergeblich, manches Bauwerk erinnert dafür aber an Plattenbauschick.

Weitere Infos zur TAMK und Tampere gibt es hier.

Wenn also jemand einen Teil seines Studiums ins Ausland verlegen will, dann soll er/sie sich davon nicht abbringen lassen. Sicher ist es nicht einfach, alle Freunde in WF zurück zu lassen: Aber wofür gibt es das Internet und Billigfluglinien, die genau in Tampere landen.

Wenn sich der Unialltag eingestellt hat, gibt es noch mal ein paar Neuigkeiten von mir.

Besten Gruß, Matthias

PS.: Ich bin noch eine Übersetzung schuldig: Hi, wie geht’s? Ich bin Matthias, sprichst Du Englisch?

 

Ystävyydelle! – Auf Freundschaft!

Elf Monate Leben in Finnland und Studium an der TAMK (Tampereen ammattikorkeakoulu) sind vorbei. Damit ist mein Bachelor-Studium mit Doppelabschluss beendet.

War der Finnlandaufenthalt eine Bereicherung meines Studiums oder hat der Auslandsaufenthalt es nur verkompliziert?

Direkt vergleichen kann ich beide Studiengänge nicht, da ich die Inhalte der Semester fünf und sechs in Wolfenbüttel (WF) nur vom Hören her kenne. Was ich aber auf jeden Fall sagen kann ist, dass das Studium in Tampere komplett anders aufgebaut ist als der Studiengang in WF.

Vorwegnehmen kann ich schon mal, dass die Umstellung von Deutschland auf Finnland meiner Meinung nach recht problemlos ist. Klar, „die Finnen“ sind anders und obendrein sprechen sie auch noch eine Sprache, die einem zwar gelegentlich bekannt vorkommt, aber wenn es um ganze Sätze geht, hat man dann doch das Gefühl, in einem Konsonantenwald zu stehen. Den zu lichten habe ich als eine recht schwierige und zeitaufwendige Angelegenheit kennen gelernt, aber die Finnen sprechen fast alle perfekt Englisch, komplett im Wald steht man also selten.

An der TAMK gab es auch keine großen Schwierigkeiten. Ab dem Moment der Zulassung fühlte ich mich in guten Händen. In Wolfenbüttel waren die wenigen ERASMUS Unterlagen schnell ausgefüllt sowie erledigt und die TAMK schickte gleich als erstes einen kompletten Wegweiser: Wann und wo ich mich um eine Wohnung zu kümmern habe, was zu organisieren ist, wann alles losgehen würde. Des Weiteren wurde mir auch noch ein Tutor zugeteilt, der auch Student an der TAMK war. Der Kontakt war auch sofort nach der Zusage da und wir klärten meine Anreise ab, wie ich günstig an eine finnische Handynummer komme und dass er mein Survival Kit (Bettzeug, Teller, Messer, Gabel, etc.) zu meiner Wohnung bringen würde. Somit war dann bis zu meinem Anreisetag schon alles in trockenen Tüchern.

Während der dreitägigen Orientierung für alle ERASMUS-Studenten wurde uns die gesamte TAMK gezeigt, alles Wesentliche erklärt und wichtige Papiere wurden ausgefüllt. Zusammen mit den Tutoren wurde die Stadt erkundet, alles ‚Überlebensnotwendige‘ erledigt, und natürlich wurden vor allem die Orte von besonderem studentischem Interesse besucht. Letzteres natürlich besonders intensiv!

Da mein Studienziel der Doppelabschluss war, durfte ich auch noch an der ‚Ersti-Orientierung‘ (Informationsveranstaltung für alle Erstsemester an der TAMK) teilnehmen und war somit sofort über alle Abläufe etc. informiert und kannte schon nach kurzer Zeit eine große Anzahl an Leuten.

Während der zwei Semester stellte sich heraus, dass der Vorlesungsbetrieb etwas anders abläuft als bei uns. In den Vorlesungsveranstaltungen wird vom Professor häufig zu Diskussionen und auch zu Rollenspielen angeregt, was mal klappt und mal nicht, da die Motivation der finnischen und internationalen Studierenden zu solchen ‚Aktivitäten‘ der aus WF doch sehr ähnelt. Anders als in WF existiert in Tampere eine Anwesenheitspflicht, allerdings keine stressige Prüfungsphase am Ende des Semesters. Bestanden wurden einige Vorlesungen durch, z.B. mehrere Aufsätze, eine Präsentation oder Vorlesungstagebücher. Reine Klausuren waren in den von mir belegten Vorlesungen selten.

Wegen der überschaubaren Größe der TAMK hat man auch den Vorteil, dass man seinen Professoren und den Angestellten, vor allem im Service Büro für Studierende sehr praktisch, recht häufig über den Weg läuft oder sie einfach im Büro antrifft, wo man sofort Hilfe bekommt. Auch die Gesichter auf den Fluren der TAMK kommen einem schnell bekannt vor und Kontakte zu anderen Erasmus-Studierenden oder Einheimischen sind so auch schnell hergestellt. An den ersten Tagen eines neuen Semesters laufen alle Tutoren und Leute der Studentenvereinigung mit gut sichtbar bedruckten T-Shirts herum und sind alle jederzeit bereit zu helfen. Man muss sie nur ansprechen. Über das ganze Jahr verteilt gab es auch viele organisierte Events, an denen finnische und ERASMUS-Studierende gleichermaßen teilnahmen. Somit konnte man sich auch gut Freunde außerhalb der ERASMUS-Gemeinschaft suchen.

Natürlich ist die TAMK nicht alles gewesen. Finnland bietet viele Möglichkeiten sich mal abzulenken. Helsinki ist nicht weit entfernt und mit den Studentenpreisen für Bus und Bahn vor allem auch sehr günstig zu erreichen. Gleiches gilt für Turku und wen es weiter in den Norden oder auch mal nach Russland zieht (z.B. Sankt Petersburg) der hat die Möglichkeit, dies mit komplett durchorganisierten, stark ERASMUS orientierten Reisen zu tun. Wem das alles zu städtisch oder zu viel Trubel ist, soweit ein solcher Eindruck in Finnland überhaupt entstehen kann, der kann auch in einem der Nationalparks wandern oder im Winter sich einfach die Langlaufski oder Schlittschuhe unterschnallen. Um Tampere herum gibt es viele Loipen und in der Stadt selbst viele Eisflächen, auf denen Eishockey gespielt oder einfach‚ „Fallen ohne Fremdeinwirkung“ bis zur Perfektion gebracht werden kann.

Mit dem letzten Winter hatte ich unglaubliches Glück. Selbst ganz Deutschland war ja quasi eingeschneit und auch hier im Norden war es richtig kalt und lange weiß. Die Übergangszeit zwischen wunderbar buntem Herbst und weißem Winter war allerdings hart. Nebel, Nieselregen und Regen gepaart mit immer späterem Sonnenaufgang und früherem Sonnenuntergang können schon an die Substanz gehen. Man sollte zusehen, dass man in dieser Zeit nicht im Zimmer hocken bleibt und womöglich bei beginnender ‚Winterdepression‘ Gefahr läuft, Finnland unnötig zu verdammen, sondern dass man sich einen Kumpel schnappt und irgendetwas unternimmt. Als bestes Vorbeuge- oder Heilmittel, empfiehlt sich nach meinen Erfahrungen ein Saunabesuch am See oder gleich ein Hüttenwochenende mit Freunden. Hierzu kann man auch wunderbar seine finnischen Freunde einladen, da diese sowieso Experten in Hüttenwochenenden sind. Wenn man sie zu sehen bekommt, wirken auch Polarlichter Wunder, dafür muss man aber rauf in den hohen Norden um die Chancen für eine Sichtung zu erhöhen. Hat man den Winter dann „überstanden“ entschädigt die Mitternachtssonne für alles.

Über meine Entscheidung nach Finnland zu gehen, bin ich richtig glücklich und meine vielfältigen Erfahrungen sowie die neuen Freunde möchte ich nicht missen.

Eine Bereicherung? Ja! Eine im Vergleich zu WF andere Akzentuierung der Studieninhalte, eine vielfältige internationale Zusammensetzung der Studentenschaft und ein interessantes Land.

Komplizierter? Nein! Sicherlich gab es hier auch Probleme, aber ich denke, dass es andere und keine zusätzlichen Probleme waren. Hilfe war auch jederzeit vor Ort und in WF schnell und unbürokratisch zur Stelle.  Zu beachten ist allerdings, dass für den Doppelabschluss in Finnland 240 Credits erreicht werden müssen. In WF sind es 180.

Kurzum: sehr empfehlenswert!