Digitale Unterstützung für Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung im Corona-Lockdown

Erfolgreicher Einsatz der RehaGoal App beim Kochen und Backen

Auch scheinbar einfache Aufgaben bestehen aus mehreren Teilschritten, die in die richtige Reihenfolge gebracht werden müssen. Offensichtlich wird es, wenn Menschen mit angeborenen oder erworbenen Hirnschäden, zum Beispiel mit einem Down Syndrom oder nach einem Schädelhirntrauma, Schwierigkeiten bei komplexen Handlungsabläufen haben. Hilfestellung bietet die an der Ostfalia Hochschule entwickelte RehaGoal App, die schrittweise durch komplexe Tätigkeiten führt. Sie ist Teil des interdisziplinären Projekts „SmarteInklusion“, in dem erforscht wird, wie Smartphone und Smartwatch bei der beruflichen Integration genutzt werden können. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).

Gerade in der Zeit des Lockdown konnte die an der Ostfalia im Team der Wissenschaftlerinnen Prof. Dr. Sandra Verena Müller (Soziale Arbeit) und Prof. Dr. Ina Schiering (Informatik) entwickelte RehaGoal App ihren Mehrwert für die Nutzerinnen und Nutzer unter Beweis stellen. „Die Situation durch die Covid-19 Pandemie hat unter anderem auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unseres Kooperationspartners, den Fachdienst für berufliche Eingliederung des DRK Wolfenbüttel, stark getroffen“, berichtet Professorin Müller. Ziel des Fachdienstes für berufliche Eingliederung (FbE) unter der Leitung von Uwe Rump-Kahl ist es, Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen. „Durch die Covid-19 -Pandemie und die damit verbundenen Sicherheitsmaßnahmen verloren viele unserer Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihren Praktikumsplatz, mussten eine Zwangspause einlegen, oder konnten geplante Praktika nicht antreten. Dies bedeutete wochenlang Home-Office“, erklärt Rump-Kahl.

Was tun? Ein persönlicher Kontakt war nicht möglich. „Hier zeigte sich unter diesen Umständen der Mehrwert der RehaGoal App besonders deutlich“, betont Sandra Verena Müller. In dieser Zeit entstand die Idee, dass zunächst drei Teilnehmende, deren Ziel es war, einen Beruf in der Gastronomie zu ergreifen, über einen Zeitraum von drei Wochen im Home-Office mithilfe der RehaGoal App für ihre Familien kochen. Die Motivation dafür erhöhte sich durch das eigenständige Suchen von attraktiven Gerichten im Internet. Ohne Begleitung durch den Jobcoach, aber mit der RehaGoal App, arbeiteten sie sich erfolgreich durch zum Teil komplexe Rezepte.

Das Fazit aller Beteiligten: Für die Teilnehmenden war es ein großes Erfolgserlebnis und es entstand ein Gefühl von Unabhängigkeit, die Familien wurden entlastet und wurden zum Beispiel mit Pizza, Flammkuchen, Salaten, Aufläufen, Buttermilchkuchen, Muffins und anderem schmackhaftem Essen verwöhnt. Das Kochen mit der App fand so viel Anklang, dass die Idee entstand, aus den erfolgreich gekochten Rezepten ein Kochbuch zum Nachkochen per RehaGoal App zusammenzustellen.

RehaGoalApp_Kochen

 

 

Zubereitung von schmackhafter Bruscetta

RehaGoalApp Bruscetta

 

Eingebettet ist das Forschungsprojekt „SmarteInklusion“ in den groß angelegten Forschungsschwerpunkt “SecuRIn“, Security Referenzmodell Industrie 4.0. „Gerade in einem therapeutischen Umfeld müssen die Anwenderinnen und Anwender sicher sein, dass ihre sensiblen Daten geschützt sind. Daher verfolgen wir bei der Entwicklung einen Privacy by Design-Ansatz. Das bedeutet, dass Datenschutz und Privatsphäre schon im Entwicklungsprozess berücksichtigt werden“, berichtet Prof. Dr. Ina Schiering. Weitere Informationen zum Forschungsprojekt „SmarteInklusion“ unter: www.smarte-inklusion.de

Evelyn Meyer-Kube/20.08.2020
Fotos: Privat

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