Ostfalia forscht: „Elektromobilität ist weiblich“

Elektromobilität interessiert und begeistert Frauen, ist aber noch kein Selbstläufer

Wie können Frauen für Elektromobilität begeistert werden? Dies ist die Kernfrage des Forschungsprojektes „Elektromobilität ist weiblich“, das die Ostfalia zusammen mit dem Energieversorger WEVG Salzgitter und der Lautlos durch Deutschland GmbH einwerben konnte. Erste Ergebnisse wurden jetzt am Campus Salzgitter der Ostfalia präsentiert.

50 Frauen aus Salzgitter und Umgebung konnten für zwei Wochen einen E-Golf der ersten Generation mit 200 Kilometer Reichweite oder ein E-Fahrrad kostenlos ausprobieren. Bestandteil des Vorhabens war auch, dass die Testfahrerinnen anschließend bei einem privaten Treffen mit ihren Freundinnen von ihren „ErFAHRungen“ beim Fahren und Laden berichteten. „Je Ausleihe wurden auf diese Weise im Mittel beim E-Rad sechs, beim E-Auto sogar elf Frauen erreicht. Zudem fanden öffentliche Informationsveranstaltungen zum Thema Elektromobilität statt und die lokalen Medien berichteten mehrfach über das Projekt und die Möglichkeit der Teilnahme“, berichtet Dr. Sonja Machledt-Michael. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin arbeitet im Projektteam, das von dem Verkehrsexperten Prof. Dr. Thomas Cerbe, Institut für Verkehrsmanagement, geleitet und der Wissenschaftlerin und Psychologin Prof. Dr. Sandra Verena Müller, Fakultät Soziale Arbeit, begleitet wird.

Gefördert wird das Forschungsprojekt vom Amt für regionale Landesentwicklung Leine-Weser mit rund 100.000 Euro. Damit wird das Ziel der Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg unterstützt, sich als erste Region komplett aus erneuerbaren Quellen in den Bereichen Wärme, Strom und Mobilität zu versorgen. Als Zeithorizont wurde das Jahr 2050 gesetzt.

Das Team um Professor Cerbe ist überzeugt: In der Mobilität führt kein Weg an E‑Fahrzeugen vorbei. Gerade Frauen bilden bei der Nutzung der E-Mobilität eine besonders geeignete und erwünschte Zielgruppe. Sie fahren anders – vorsichtiger, rücksichtsvoller, verursachen weniger Unfälle. Untersuchungen zur Verkehrsteilnahme zeigen, dass Frauen gegenüber Männern im Durchschnitt kürzere Einzelwege fahren, kürzere Gesamtstrecken erledigen und deshalb weniger elektrische Reichweite notwendig ist. Da sie mehr innerorts unterwegs sind, überwiegt der Vorteil des Elektroantriebs gegenüber dem Verbrennungsantrieb im Hinblick auf lokale Emissionsfreiheit und geringere Lärmentwicklung. Auch sind Frauen häufiger am Wohnort (z. B. Home office, Halbtagskraft oder Hausfrau) und haben damit häufiger Zugang zum privaten (zukünftig steuerbaren) Ladepunkt Zuhause.

Für die 50 zur Verfügung stehenden Testzeiträume hatten sich in kürzester Zeit 290 Frauen an der Ostfalia beworben. Die ausgewählten Testfahrerinnen nutzten die zweiwöchige Testphase intensiv. Innerhalb des Test-Jahres legten sie zusammen mit dem E-Rad stolze 2.400 Kilometer (Durchschnitt in Deutschland 450 Kilometer laut EUROSTAT) zurück. Mit dem E‑Auto waren es 17.321 Kilometer (Durchschnitt bei Pkw privater Halter 13.000 Kilometer laut Kraftfahrtbundesamt). Die Fahrzeuge durchliefen den Test wie erwartet vollkommen zuverlässig.

Die Testerinnen nutzen überwiegend öffentliche Ladesäulen, und dies in der Regel ohne Schwierigkeiten. Alle Frauen konnten zu Hause an einer ganz normalen Schuko-Steckdose in Carport oder Garage ihr Fahrzeug laden und hatten morgens ein vollgeladenes Auto vor der Tür. Trotzdem besteht der Wunsch nach mehr öffentlicher (Schnell-)Ladeinfrastruktur und diese mit einheitlichem und leicht verständlichem Dialog zum Stromzapfen.

Die Frage nach dem nächsten Auto beantworteten 17 Auto-Testerinnen. Drei von ihnen werden ein Elektro‑Auto kaufen, drei weitere sind noch unentschlossen. Bei denen, die ein E-Auto ablehnen, ist die als zu gering eingeschätzte Reichweite das Hauptargument. Die neuen Modelle der Autohersteller kommen diesem Wunsch nach. Der beim Abschlusstreffen der Testfahrerinnen ausgeteilte Gutschein für eine eintägige Probefahrt mit dem neuen E‑Golf (50% vergrößerte Reichweite) wird rege in Anspruch genommen.

Und das E-Rad? Dreiviertel (!) der E-Rad-Testfahrerinnen geben an, dass das nächste Fahrrad ein E‑Rad wird. „Mindestens acht Frauen und ein Partner haben diese Absicht bereits in die Tat umgesetzt. Unser Fazit: Elektromobilität interessiert und begeistert die Frauen, ist aber noch kein Selbstläufer“, berichtet Dr. Machledt-Michael.

Sonja Machledt-Michael_mit_eGolf

Dr. Sonja Machledt-Michael im E-Golf

Evelyn Meyer-Kube/12.06.2018
Foto: Ostfalia

nach oben
Drucken